Seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine, der am 24. Februar 2022 begonnen wurde, sind die Energiepreise in Deutschland massiv gestiegen. Dies ist ein wesentlicher Grund für die deutlich gestiegene Inflationsrate, die in der Spitze 2022 über 10 Prozent und damit so hoch wie seit 40 Jahren nicht mehr lag.
Nun hat eine Studie des Immobiliendienstleisters Jones Lang LaSalle (JLL) auf Basis der Daten des Immobilienportals Immoscout 24 gezeigt, wie stark diese gestiegenen Energiepreise die Kaufpreise von Wohnimmobilien beeinflusst.
Kurz zusammengefasst kann man festhalten: je schlechter die Energiebilanz ist, desto höher sind die Preisabschläge, die Immobilieneigentümer, die verkaufen wollen, hinnehmen müssen. Damit belasten nicht nur die gestiegenen Zinsen den deutschen Wohnimmobilienmarkt, sondern auch die gestiegenen Kosten für Energie, die ältere und energieineffiziente Gebäude zusätzlich abstraft.
Die Studie hat dazu Kaufpreise aus dem ersten Halbjahr 2021 – also noch deutlich vor dem Ukrainekrieg und dem Abbruch russischer Gaslieferungen nach Westeuropa – mit der Situation aus dem ersten Halbjahr 2022 verglichen. Grundlage waren Inserate, die für die jeweiligen Objekte vorlagen und die auch Informationen zu den jeweiligen Energieklassen beinhalten. Um die Daten vergleichbar zu machen wurden die individuellen Objekteigenschaften wie Zustand, Ausstattung oder Lage, analysiert und entsprechend berücksichtigt.
Das Ergebnis war eindeutig: je schlechter die Energieeffizienzklasse ist, desto höher waren die Wertabschläge. Wenig überraschend waren die Abschläge bereits vor dem Ukrainekrieg für Gebäude mit schlechter Energiebilanz umso höher, je niedriger die Effizienzklasse war. Aber nach Beginn des Krieges und des Gasembargos sind diese Abschläge nochmal spürbar gestiegen. Interessanterweise waren die negativen Steigerungen in den höheren Energieklassen sogar noch höher als in den eh schon schlechten niedrigen Energieklassen. So erhöhte sich der Abschlag für Mehrfamilienhäuser des Energiestandards B von -5,6 Prozent in 2021 auf -11,8 Prozent in 2022, während Gebäude des Energiestandards H sich „nur“ von -30,2 Prozent auf -32,9 Prozent verschlechterten.
Energie-standard | 1. Halbjahr 2021 | 1. Halbjahr 2022 | bei Angebots-überhang |
B | -5,6% | -11,8% | |
C | -9,7% | -16,7% | |
D | -13,7% | -19,9% | |
E | -15,1% | -22,0% | -18,0% |
F | -18,2% | -23,5% | -23,4% |
G | -24,3% | -28,4% | -33,8% |
H | -30,2% | -32,9% | -48,9% |
Quelle: Jones Lang LaSalle, 2023
Ein weiterer interessanter Trend zeigt sich in denjenigen Fällen, bei denen ein Angebotsüberhang vorliegt, bei denen also Käufer Wahlmöglichkeiten haben. Dort waren die Abschläge deutlich höher und erreichten in der Spitze beinahe -50 Prozent.
Damit setzt sich ein allgemeiner Trend fort, der die höheren Verbrauchskosten der energieintensiven Gebäude im Kaufpreis reflektiert. ImmoScout weist darauf hin, dass im mittleren Preissegment die Kaufpreise für Gebäude der Energieklassen A bis D praktisch stabil bliebe, während die Preise für Gebäude der Energieklassen E bis H um rund 3 Prozent nachgaben. Vor dem Hintergrund des zwischen 2021 und 2022 noch boomenden Immobilienmarktes ist das eine bemerkenswerte Entwicklung.
Nimmt man nun noch zusätzlich die gestiegenen Zinsen in den Blick, dann zeigt sich das Dilemma von Eigentümern unsanierter Gebäude: der Markt straft diese Objekte durch geringere Kaufpreise ab, da die potentiellen Erwerber natürlich erforderliche Maßnahmen zum einen in ihr Kaufpreisangebot mit einfließen lassen und zum anderen wissen, dass hohe Energiekosten die Zahlungsfähigkeit vieler Mieter überfordert. Die Dauer von Mietinseraten von Gebäuden der schlechtesten Energieeffizienzklassen ist laut JLL bereits um rund 32 Prozent gestiegen. Eigentümer müssen gleichzeitig bei unsanierten Objekten bis zu 95 Prozent der CO2-Abgabe selber tragen und können diese Kosten nicht mehr 1:1 auf den Mieter umlegen. Ihr Cashflow gerät also von zwei Seiten unter Druck. Und last but not least ist eine energetische Sanierung aufgrund gestiegener Zinsen und Baumaterialien mittlerweile deutlich teurer geworden. All das sind schlechte Nachrichten für deutsche Immobilieneigentümer, denn nach Angaben der Firma McMakler weisen knapp 40 Prozent den schlechten Energiestandard F, G oder sogar H auf.